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  • AutorenbildVanessa

Corinna erzählt ihre Geschichte


Mein Name ist Corinna, ich bin 24 Jahre jung und wohne in Berlin. Ich möchte gerne meine Geschichte mit Euch über den Weg zur Diagnose Endometriose und Adenomyose teilen, da es so wichtig ist gehört zu werden. Aber auch weil diese Krankheit ein echtes Chamäleon ist und anderen aufzeigt, wie unterschiedlich sie ablaufen kann.




Ich bin in Hildesheim in Niedersachsen aufgewachsen. Ich kam relativ spät in die Pubertät, was damals für mich schrecklich war und rückblickend umso schöner. Meine damaligen Mitschüler übten wegen meines kindlichen Körpers Mobbing an mir aus. Ich wog mit 15 Jahren nur knapp 41 Kilo und war dementsprechend nicht so weit entwickelt wie andere. Meine Mutter meinte immer ich soll froh sein, dass ich meine Regel noch nicht habe. Ich war glücklich, dass ich sie mit fast 16 Jahren endlich bekam, aber mit dieser Intensität hätte ich nie gerechnet. Meine erste Regel war damals schon mit so unfassbaren Schmerzen und einer Stärke verbunden, dass ich regelrecht zusammenbrach. Sie war alle 18 Tage da und hielt über eine Woche an. Ich hatte schnell einen extremen Eisenmangel und war immer schlapp und kränklich. An Schule war kaum zu denken. Also ging es ab zum Frauenarzt.


Dieser sagte mir, dass das alles normal wäre und manche Frauen die Regel nun mal „etwas stärker“ hätten. Die Aussage bekam ich fast neun Jahre lang zu hören. Ich bekam die Pille Valette und nahm innerhalb von sechs Monaten über zehn Kilo zu, was meiner Figur allerdings zugute kam. Das Mobbing wegen meines Körpers hörte auf. Als ich schließlich 2015 nach meinem Abitur nach Berlin zog, um Modemarketing zu studieren, habe ich nochmal knapp 20 Kilo durch die Pille zugenommen. Meine Haut war unrein und ich war teilweise depressiv. Öfters kam mir der Gedanke die Pille abzusetzen, aber an den Horror meiner normalen Regelblutung wollte ich nicht denken. Als ich mich 2016 von meinem damaligen Freund trennte und aus meiner depressiven Verfassung kaum mehr herauskam und mich nicht mehr im Spiegel ansehen wollte, fasste ich den Entschluss die Pille abzusetzen.


Bis zu dieser Entscheidung hatte ich 13 verschiedene Pillenpräparate ausprobiert und kämpfte mit: Akne, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme, Depressionen, Unruhe, brüchige Haare & Nägel, sexuelle Unlust. Ich bekam meine Regel nach dem Absetzten ein halbes Jahr nicht. Ich konzentrierte mich in dieser Zeit auf Sport, Ernährung und wurde glücklicher. Doch als die „normale“ Regel wieder eintraf war ich total verzweifelt.

Ich hatte solche Schmerzen, dass ich beinahe ohnmächtig wurde. Ich konnte nicht mehr stehen und brach auf dem Boden zusammen. Mein Herz schlug schnell und ich hatte Schweißausbrüche.

Die Schmerzen – kaum zu beschreiben. Schmerzmittel wie Ibuprofen 800 halfen mir für ganze 30 Minuten. Kein Schmerzmittel wirkte richtig. Buscopan-Tabletten sind nach wie vor wie Tictac für mich. Genauso läuft jede Regel immer noch bei mir ab. Eine damalige Freundin, mit der ich ab und zu zum Sport ging, lachte mich jedes Mal aus, wenn ich krampfend auf dem Boden lag. Ja, das passierte mir sogar mehrmals mitten im Fitnessstudio. Sie lachte und sagte:„ Haha sorry Cori, aber das sieht so lustig aus.“ Wie ihr euch denken könnt ist sie keine Freundin mehr von mir.


Ich rannte wieder zu meinem lieben Frauenarzt hier in Berlin, der sich immer viel Zeit für mich nimmt und aufmerksam zuhört. Er untersuchte mich und stellte fest, dass ich Zysten in meinen Eierstöcken hatte. Es war angeblich nicht so schlimm und er war der Überzeugung, dass diese von alleine wieder weg gingen. Er verschrieb mir Mönchspfeffer, was den Hormonhaushalt etwas ausgleichen und die Zystenbildung verringern sollte. Ich habe immer mit Zysten zu kämpfen, jeden Monat. Mal sind sie kleiner und mal größer. Im September 2019 hörte ich dann das erste Mal, durch meine beste Freundin, von der Endometriose. Sie fragte, ob ich Anna Wilken kennen würde. Sie hatte mal bei Germany’s next Topmodel mitgemacht und ist dann mit ihrer Diagnose an die Öffentlichkeit gegangen und hat ein Buch darüber geschrieben. Ich googelte nach ihr und las mich in die chronische Krankheit ein. Ich stellte zwar ein paar Parallelen fest, aber so richtig überzeugt war ich nicht. Also habe ich das Thema wieder in den Hintergrund gestellt.


Ich bekam daraufhin eine neun Zentimeter große Zyste in meinem Eierstock, welche nicht mehr wegging. Ich hatte dadurch noch mehr Schmerzen. Anfang Oktober 2019 fing ich meinen ersten richtigen Job in meinem Traumunternehmen an. Ich musste am Anfang natürlich eine Menge lernen. Meine Schmerzen begleiteten mich jeden Tag und ich versuchte es irgendwie zu überstehen. Ende Oktober 2019 hatte ich eine Krebsvorsorge beim Frauenarzt. Ich erzählte ihm wieder von meinen Schmerzen, dass ich echt verzweifelt wäre und er sagte plötzlich:

„Vielleicht leiden Sie an Endometriose. Ich habe einen Kollegen, der darauf spezialisiert ist und hier in einem Endometriosezentrum tätig ist.“

Er erklärte mir, was dies überhaupt bedeutete und schrieb mir direkt eine Überweisung für ein Gespräch wegen einer Bauchspiegelung. Der Arzt in der Klinik war sehr nett und untersuchte mich. Schnell fiel ihm die große Zyste im rechten Eierstock auf und meinte wir müssten mich umgehend operieren, da mein Eierstock bereits sehr groß und verändert aussah. Also bekam ich gleich eine Woche später einen OP Termin. Ich machte mir Sorgen, weil ich erst einen Monat zuvor meinen neuen Job angefangen hatte und jetzt schon ausfiel. Mein Arbeitgeber war total verständnisvoll und nahm mir die Sorge wegen meines Jobs.


Am Tag der OP war ich sehr nervös. Ich war ganz allein und wusste nicht, wie das alles ausgehen würde. Als ich aus der Narkose aufwachte schaute ich direkt auf die Uhr, die gegenüber von mir an der Wand hing. Ich war fast zwei Stunden im OP gewesen. Eine Diagnose erhielt ich aber noch nicht. Als gegen 19 Uhr der Arzt immer noch nicht da war, schlief ich erschöpft ein.

Zwei Stunden später wachte ich plötzlich auf, weil der Arzt neben meinem Bett stand und einfach sprach. In meiner Trance hörte ich nur wie er „Endometriose“ und „viele Herde entfernt“ sagte.

Ich hatte die Herde im Bauchfell, Eileiter, Eierstöcken, Gebärmutter und im Douglasraum war Flüssigkeit. Ebenfalls wurden bereits vorhandene Verklebungen der Eileiter und die Zyste im Eierstock entfernt. Ich bekam eine Mappe mit Dokumenten in die Hand gedrückt und dann war der Arzt wieder weg. Ich konnte mit den Begriffen absolut nichts anfangen und brach erstmal in Tränen aus, da ich tatsächlich Endometriose hatte. Ich kaufte mir direkt das Buch von Anna Wilken, wofür ich absolut dankbar bin. Ohne dieses Buch hätte ich wahrscheinlich erstmal die Hoffnung verloren und hätte mich komplett verloren gefühlt. Das, was Anna schrieb, machte Mut und gab mir einen Plan.


Ich erfuhr erst ein paar Wochen später in meinem Abschlussgespräch, dass ich sogar noch Adenomyose habe und dass diese noch ausgeprägter ist, als die Endometriose. Ich sollte daraufhin wieder die Pille nehmen.

Ich nahm die Visanne und habe sie absolut nicht vertragen, was ich schon befürchtet hatte.

Ich bin mittlerweile wieder komplett hormonfrei und habe bereits seit drei Jahren die Kupferspirale, die ich aber nicht mehr allzu lange behalten werde, da die Schmerzen einfach zu groß sind. Ich versuche immer noch herauszufinden, was mir am besten bei den Schmerzen hilft und welchen Sport ich wirklich machen kann, da Fitness meine Schmerzen extrem verstärkt. Ich bin absolut dankbar dafür, dass ich Unterstützung von meiner Familie, meinen Freunden und von meinem Arbeitgeber bekomme. Meine Mitmenschen sind sehr interessiert und ich gehe auch offen mit meiner Krankheit um. Dieses entgegengebrachte Verständnis stärkt mich sehr.


Wer mir aber auch einen großen Halt gibt, ist mein Partner. Mein Partner zeigte von Anfang an starkes Interesse an meiner Krankheit, informierte sich über Sachen, die mir helfen könnten und er verpasst keinen Arzttermin. Er versteht es mich in meiner schlimmsten Phase aufzufangen und mich zum Lachen zu bringen, auch wenn die Schmerzen groß sind. So jemanden gefunden zu haben ist für mich unglaublich schön.

Genauso stärkt mich die Community der Endo Mädels. Wir können so stolz auf uns sein und der gegenseitige Halt ist großartig!

Ebenfalls bin ich dankbar dafür, dass mein Leidensweg quasi erst nach Abbruch der Pille anfing und bis zur Diagnose 3,5 Jahre vergangen sind. Ich habe trotz allem Mut, akzeptiere meine Endo und Adenomyose und blicke voller Zuversicht in die Zukunft. Mich machen meine beide Freundinnen nur stärker!






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