Janina erzählt ihre Geschichte.
- Vanessa
- 15. Apr. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Apr. 2020
Die Diagnose Endometriose bekam ich letztes Jahr im April gestellt. Ich weiß das noch ganz genau, weil ich am 1. Mai im Krankenhaus lag. An diesem Tag gehen wir normalerweise in einer großen Gruppe wandern. Ich war notoperiert worden, hatte eine geplatzte Zyste in der Gebärmutter. Die Schmerzen kamen ganz plötzlich, mein Freund war gerade in einer Übung der Freiwilligen Feuerwehr. Ich wusste sofort, dass das nicht normal ist. Zwar bin ich starke Unterleibsschmerzen schon immer gewohnt, aber dieser Schmerz erreichte eine neue Dimension.

Ich warf mir Naproxen 800mg ein, was mir normalerweise immer hilft. Aber die Schmerzen wurden nur schlimmer, ich konnte schließlich nicht mehr aufstehen, probierte jede denkbare Liegeposition aus, um es erträglicher zu machen. Als ich es gar nicht mehr aushielt, rief ich meinen Freund an, der zum Glück sofort kam. Er musste mich ins Auto tragen und wir fuhren in die Notaufnahme. Die Wartezeit in der Klinik erschien mir endlos, ich schloss mich zwischenzeitlich in der Toilette ein und ließ mich einfach auf den kalten Fliesenboden sinken, weil ich das Sitzen auf dem Stuhl nicht mehr aushielt. Mir war übel, mein Körper zitterte, ich habe mich noch nie so elend gefühlt. Trotzdem wurde ich wieder nach Hause geschickt, mit weiteren Schmerzmitteln. Die geplatzte Zyste konnte man im Ultraschall sehen, mir wurde aber gesagt, dass das oft von alleine abbluten würde und erstmal keine weiteren Maßnahmen getroffen werden müssen. Am nächsten Tag landete ich dann mit dem Krankenwagen wieder im Krankenhaus und im OP.
Der Arzt erklärte mir danach wenig einfühlsam, dass ich wohl Endometriose habe. Wenn ein Kinderwunsch besteht, sollte ich diesen seiner Meinung nach schnell umsetzen, danach würde die Endometriose ja oft auch besser werden.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen, stand unter Schock und googelte die nächsten Tage viel zu diesem Thema. Was folgten waren Monate voller Ungewissheit. Ich wendete mich an ein zertifiziertes Endometriose Zentrum und wurde über Enantone-Spritzen sechs Monate in die künstlichen Wechseljahre versetzt. Einen Monat später war ich, mittlerweile nichts Neues mehr für mich, wieder in der Notaufnahme wegen unerträglicher Schmerzen. Eine Not-OP lehnte ich dieses Mal ab, vielmehr wollte ich eine geplante Komplettsanierung aller Endometriose Herde.
Mein Darm war ebenfalls betroffen, meine größte Angst war die vor einem künstlichen Darmausgang. Den habe ich glücklicherweise nicht bekommen, mir wurden "nur" drei cm des Darmes gekürzt, außerdem wurden Endometrioseherde an meinem linken Eileiter, in der Gebärmutter, an der Blase und unterm Zwerchfell entfernt. Die OP hätte sich für mich gelohnt, meinte die Ärztin im Anschluss sehr knapp angebunden. Mir ging es nach dieser großen, zweistündigen OP einige Tage wirklich schlecht. Mich quälten große Übelkeit und Schmerzen, außerdem kam mein Kreislauf nicht in Schwung, weshalb ich erst nach vier Tagen selbstständig wieder aufstehen konnte. Ich bin jemand, der es hasst, auf andere angewiesen zu sein. Ich weigerte mich in den ersten Tagen aufgrund meiner Übelkeit viel zu essen und auch deshalb, weil ich es alleine noch nicht auf die Toilette geschafft hätte. Ich bin da leider sehr stolz und stur. Ich fiel in ein Loch.
Ohne die lieben Menschen an meiner Seite wäre ich da so schnell nicht wieder rausgekommen. Ich wollte stark für sie sein und der Endometriose die Stirn bieten.
Es ist schwer, einen geliebten Menschen leiden zu sehen. Das gilt für beide Seiten. Für mich ist es genauso schwer, ihre besorgten Gesichter zu sehen. Zu wissen, dass sie sich meinetwegen Sorgen machen.
Seit der OP im Januar diesen Jahres habe ich Angst vor der Nächsten, obwohl ich bis dahin immer sehr entspannt war, was Operationen angeht. Ich besuche regelmäßig eine Heilpraktikerin, die mir dabei hilft meinen Hormonhaushalt zu regulieren, denn wie viele andere Endometriose Patientinnen habe auch ich einen extremen Progesteronmangel. Außerdem mache ich eine Darmkur, meine Verstopfungen, unter denen ich vor der OP noch sehr stark gelitten habe, sind so gut wie weg. Dafür bin ich jeden Tag aufs Neue dankbar. Ich habe meine Ernährung umgestellt, verzichte weitestgehend auf Weizen und Milchprodukte, esse nur noch wenig Fleisch und wenn dann Bio. Hormone nehme ich keine mehr, die habe ich nie vertragen. Ich bin dann nicht mehr ich selbst, werde launisch und streitsüchtig.
Wie lange die positiven Ergebnisse der OP anhalten werden, kann mir keiner sagen. Bis dahin genieße ich jeden einzelnen Tag, an dem es mir gut geht, denn ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist. Unseren Kinderwunsch haben mein Partner und ich nach vorne geschoben.
Ich bin 30 Jahre alt und habe Endometriose vierten Grades. Alle ärztlichen Prognosen sprechen gegen mich. Sie sagen, dass es auf natürlichem Weg schwierig wird.
Es war nicht einfach, aber momentan versuche ich mit viel Akzeptanz und Selbstfürsorge an das Thema heranzugehen. Und es zu nehmen, wie es kommt. Ich wusste schon vor der Diagnose, dass ich stark bin. Aber ich werde jeden Tag stärker.
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