Jessy erzählt ihre Geschichte.
- Vanessa
- 19. Apr. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Meine Endometriose und Ich - Ich und meine Endometriose?
Ich bin Jessy, 23 Jahre alt und leide an einer tief infiltrierenden Endometriose sowie an Adenomyose. Bis zur Diagnose hat es einige Jahre gedauert.
Es war ein mühseliger, qualvoller und schmerzvoller Weg. Ich habe viele liebevolle Menschen kennen und lieben gelernt, und wiederum einige Menschen verloren. Ich habe auch eine Zeit lang meine Lebensqualität verloren. Während der Abi-Zeit raubte mir die Endometriose unheimlich viele Nerven, auch das Berufsleben stand öfter mal auf der Kippe. Im Moment mache ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Ob das funktioniert? Es muss! Seit 2018 bin ich nun froh zu wissen, worum es sich handelt. Meine Insassin, meine unsichtbare Begleiterin - die Endometriose.

Seit meiner ersten Periode (die ich mit elf Jahren bekam) hatte ich starke Schmerzen, laut meiner damaligen Ärztin war das „normal“. Es war alles andere als NORMAL. Mir war während der Periode ständig übel, ich konnte kaum aufstehen, es war einfach quälend, was ist bitte daran NORMAL und warum gehört es zum „Frausein“ dazu??? Ich bin immer noch enttäuscht von dieser Ärztin, sie nahm mich einfach nicht ernst. Sie verschrieb mir die Pille.
Die Pille nahm ich knapp drei Jahre, in diesen drei Jahren probierten wir einige Pillen aus, mit dem Ergebnis, dass ich keine davon vertrage. Ich hatte ständig Migräneanfälle sowie schreckliche Stimmungsschwankungen, mein kompletter Hormonhaushalt geriet aus dem Ruder und machte das wonach ihm gerade der Sinn stand.
Einen Fokus darauf, wieso ich so unter den Periodenschmerzen und den anderen Symptomen litt, legte weder ich noch jemand anderes. Erst als ich auch außerhalb der Perioden starke Schmerzen hatte, fing ich an mir darüber Gedanken zu machen ob vielleicht doch etwas nicht stimmt.
Als 2016 unser Sternchen still geboren wurde, war klar, dass definitiv etwas nicht stimmt. Es folgte eine weitere Zeit voller Schmerz und voller Trauer.
2017 durfte ich endlich zur Reha, dort sprach mich das erste mal eine Gynäkologin auf Endometriose an. Das sagte mir zu dem Zeitpunkt absolut gar nichts.
Nach fast neun Wochen Reha Aufenthalt beschloss ich meine Ärztin zu wechseln.
Genau das war meine Rettung, meine jetzige Ärztin ist meine persönliche Heldin.
Nach dem Erstgespräch schickte sie mich direkt in ein Krankenhaus in Köln, dort wurde zeitnah die Bauchspiegelung durchgeführt.
Und tadaa da war sie, die Diagnose Endometriose Grad IV, Adenomyose und TIE. Die Endometriose war weit ausgeprägt, am Zwerchfell, am Darm, am Blasenperitoneum, in der Gebärmutter und den Eileitern, ich hatte etliche Zysten (wovon zum Glück nur eine „groß“ war), zudem waren meine Eierstöcke an die Gebärmutter „gepappt“ und diese war gesenkt.
Unendlich viele neue Erkenntnisse, die ich anfangs nicht wahrhaben wollte. Vor allem auch nicht, dass die Ärzte eine sekundäre Sterilität feststellten.
Die Fragen und Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. Ich wusste nicht wo vorn und hinten war. Hat das alles seine Richtigkeit? Muss ich das jetzt durchmachen um etwas Neuem zu begegnen? Welchen Sinn hat das? Und wieso ausgerechnet ich?
Durch diese Phasen hatte ich tolle Begleiter, zum einen meine großartige Familie, wobei ich vor allem meine Mama erwähnen möchte. Für sie war das alles viel bedrückender als für mich, ihr eigenes Kind war krank.
Zum anderen möchte ich meinen Partner erwähnen, der seit 2013 mir nicht mehr von der Seite weicht, ich bin unheimlich stolz darauf ihn zu haben.
Als es darum ging wie wir nun weiter machen, beziehungsweise welche Therapie wir anwenden, wurde auch die Gebärmutterentfernung in den Raum geworfen.
Das war ein derber Schlag. Ich entschied mich ohne einmal darüber nachzudenken dagegen. Auch wenn die Ärzte bis jetzt meinen, dass ich sogar mit dem Versuch einer künstlichen Befruchtung nicht schwanger werden würde gebe ich die Hoffnung nicht auf, ich bin jung und Wunder gibt es überall (manchmal kann man nichts machen außer weiter).
Eine wirkliche Therapie habe ich noch nicht gefunden. Ich wurde seit 2018 insgesamt viermal operiert und die letzte Operation (16.10.2019) hängt mir noch ziemlich nach. Ich hatte einen Narkoseüberhang und habe nicht direkt wieder angefangen selbstständig zu atmen, das bedeutet ich wurde noch über die Nacht beatmet, zudem kamen auch noch die starken Nachblutungen und Schmerzen. Doch durch die gute Behandlung sowohl von Seiten der Ärzte als auch der der Schwestern und Pfleger kam ich nach einigen Tagen wieder auf die Beine.
Ich probiere mich im Moment an neuen Therapien aus. Ich möchte keine Hormone nehmen und mich ständig operieren zu lassen ist auch keine Lösung. Ich versuche es mit der Aromatherapie und wenn das nicht funktioniert probiere ich halt andere Therapie aus.
Immerhin ist meine Erkrankung nur ein Teil meines Lebens und nicht mein Leben ein Teil der Erkrankung. Ich bin glücklich, nicht immer zufrieden, aber immerhin darf und kann ich weiterhin leben und mich an Dingen erfreuen.
Und an manchen Tagen wach ich auf und frage meine Begleiterin ob sie mich heute in Ruhe lässt oder ob sie mich wieder ärgern möchte. Und hey an manchen Tagen lässt sie mich tatsächlich in Ruhe und wir sind Freunde. Ich bin ehrlich an den anderen Tagen bin ich wütend auf sie, weil ich dann durch sie eingeschränkt bin. Doch sie gehört zu mir und ohne sie wäre ich heute auch nicht da wo ich bin oder auch einfach nicht ich.
Durch sie konnte ich wachsen. Sie zeigte mir, dass es auch anders geht, dass man den Fokus auch auf Dinge legen kann die vorher keinen Wert hatten.
Ich bin froh so viele großartige Endoschwestern kennen gelernt zu haben, ihr seid tapfer und so überaus mutig. Und auch die Kiwu-Mädels, die tagtäglich mit Dingen und Fragen konfrontiert werden, die nicht immer stark sein können oder wollen und die doch trotz allem nicht aufgeben und anderen Mut schenken, ihr seid so wertvoll.
Zum Abschluss: Diese Geschichte erzählt nur eine Teil meiner Geschichte und die meiner Endometriose. Es geht so vielen Frauen und Mädchen da draußen so schlecht und viele davon sind noch nicht mal richtig aufgeklärt.
Ich wünsche mir mehr VERSTÄNDNIS und mehr AUFKLÄRUNG für uns alle, denn gemeinsam können wir noch so viel erreichen.
Jede oder jeder von uns hat sein eigenes Päckchen zu tragen, lasst uns niemanden verurteilen. Lasst uns lieber auf einander Acht geben. Und wenn du aufgeben willst, denke daran warum du angefangen hast!
Ein Riesen Dankeschön an Vanessa für ihre Arbeit und Mühe diesen Blog zu führen.
In Liebe eure Jessy.
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