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Julia erzählt ihre Geschichte.

  • Autorenbild: Vanessa
    Vanessa
  • 22. Apr. 2020
  • 3 Min. Lesezeit


Schon seit ich denken kann, bilde ich mir sämtliche Krankheiten ein. Heute weiß ich, dass ich an Hypochondrie leide. Den Menschen in meinem Umfeld war das schon viel früher bewusst. Nur sollte man bedenken, dass auch Hypochonder wirklich mal krank sein könnten.




Aber ich fange mal von vorne an: Mit 14 Jahren bin ich zum ersten Mal zum Frauenarzt und habe mir die Pille verschreiben lassen und das obwohl mir zu diesem Zeitpunkt schon klar war, dass ich lesbisch bin. Ich wollte aber zu meiner Mädels Clique dazu gehören und unbedingt die Pille nehmen. Ein Jahr später hatte ich aber keine Lust mehr auf Hormone und habe die Pille abgesetzt. Und da hat die Odyssee begonnen. Eines Tages hat es mir so sehr in den Unterleib gezogen. Ich konnte nicht mehr laufen, weshalb ich meine Mutter gebeten hatte mich ins Krankenhaus zu fahren.

Natürlich, und ich kann ihr das gar nicht verübeln, hat sie den Hypochonder nicht ernst genommen: „Julia das ist Magen-Darm. Leg dich ins Bett“.

Am nächsten Tag bin ich zum Hausarzt: „Sie bekommen bald Ihre Periode. Sie haben nämlich schon Urin im Blut“. Nun ja, einen Tag später lag ich auf dem OP-Tisch. Eine Eierstockzyste auf der linken Seite mit einem Durchmesser von 9cm ist geplatzt und hat sich im Bauchraum verteilt. Zwei Monate später hatte ich dasselbe auf der rechten Seite. Seitdem wurde mir ans Herz gelegt die Pille nicht mehr abzusetzen. Aber warum? Das wurde mir nie erklärt.


Fünf Jahre habe ich schmerzfrei gelebt. Hier und da mal ein Zwicken, aber nichts Dramatisches. Außer beim Sex mit meiner Partnerin, da hatte ich Schmerzen. Ich hatte mir hierbei aber nichts gedacht – eher für normal gehalten. Als ich dann nach Nürnberg gezogen bin, haben die Schmerzen langsam wieder begonnen. Ich konnte nicht mehr ohne Schmerz auf die Toilette gehen, hatte sogar schon Panik davor. Mein Darm und mein Unterleib haben gedrückt und sich so angefühlt als würde innerlich etwas zerspringen. Zwei Darmspiegelungen, eine Magenspiegelung, eine Dünndarmspiegelung, sämtliche Intoleranzen Tests – Nichts – außer einen um 180° Grad gedrehten Darm. Auch hier habe ich wieder nicht das Warum erfahren. Ich sollte leicht verdauliche Kost zu mir nehmen und viel trinken. Vor Angst habe ich nicht mehr viel gegessen und knapp acht Kilo abgenommen. Ich habe aber mein Schicksal akzeptiert. Mich selbst als Nervenbündel abgestempelt und alles auf einen vermeintlichen Reizdarm geschoben. Ich habe mit niemandem mehr darüber gesprochen und mich verkrochen. Mich in mein duales Studium gestürzt, gearbeitet – den Stress und mich rum für alles verantwortlich gemacht.


Irgendwann konnte ich nicht mehr und begann ein Schmerztagebuch zu führen. Hier ist mir aufgefallen, dass ich immer kurz vor meiner Periode bis zwei Tage während meiner Periode, mehr Schmerzen hatte als sonst.

Natürlich googelt man als Hypochonder sofort und so bin ich GLÜCKLICHERWEISE direkt auf die Endometriose gestoßen. Ich habe zuvor nie etwas von dieser Krankheit gehört.

Umgehend habe ich einen Termin im Endometriosezentrum in Erlangen vereinbart und dort wurde ich zum ersten Mal ernst genommen. Zwei Monate später wurde ich operiert und siehe da: Aufgrund meiner OP mit den Eierstockzysten vor mehr als zehn Jahren hatten sich Verwachsungen gebildet, die auf meinen Dickdarm, Blinddarm, Blase und Eierstock gedrückt haben – das hat auch zu der 180° Grad Drehung in meinem Darm geführt. Hinzu kamen zwei Endometrioseherde, die ebenfalls entfernt wurden. Die Ärzte und Schwestern waren so hilfsbereit und haben mich über alles aufgeklärt.


Seit Anfang 2019 habe ich nun die Diagnose Endometriose und bin so unglaublich dankbar dafür. Auch wenn die Krankheit nicht heilbar ist, weiß ich nun endlich, dass ich mir meine Beschwerden nicht einbilde und kann damit umgehen. Mein Rat: Finde dich nicht mit deinen Schmerzen ab und lass dich nicht in die Ecke stellen – kämpfe um deine Diagnose.




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